Am diesjährigen Antikriegstag versammelten sich etwa 70 Teilnehmer:innen auf den Straßen von Fellbach. Der 1. September ist dieses Jahr aus zwei Gründen von besonderer historischer Bedeutung: Zum einen gedenkt man, wie jedes Jahr, des Überfalls Nazideutschlands auf Polen 1939, der den 2. imperialistischen Weltkrieg einleitete. Hinzu kommt, dass bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen […]

Am diesjährigen Antikriegstag versammelten sich etwa 70 Teilnehmer:innen auf den Straßen von Fellbach. Der 1. September ist dieses Jahr aus zwei Gründen von besonderer historischer Bedeutung: Zum einen gedenkt man, wie jedes Jahr, des Überfalls Nazideutschlands auf Polen 1939, der den 2. imperialistischen Weltkrieg einleitete.

Hinzu kommt, dass bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen erstmal seit 1945 eine Partei, die von einem faschistischen Flügel dominiert wird, als stärkste Kraft in ein bzw. zwei Parlamente einzieht. Die AfD gibt sich als Friedenspartei aus und versucht, mit sozialen Themen Stimmen zu gewinnen, nur um dann an der Macht neue Kriege zu beginnen.

85 Jahre nach dem Überfall auf Polen, so der erste Redner, bestimme heute noch immer die Konkurrenz zwischen den kapitalistischen Staaten das Weltgeschehen. Aktueller Ausdruck einer Verschärfung der Umstände, so Panagiotis Alopoudis, Vorsitzender des DGB Rems-Murr, seien der andauernde imperialistische Krieg in der Ukraine, der Krieg in Palästina, das Drohen mit Krieg im südchinesischen Meer und die gleichzeitigen Kriegsvorbereitungen der verschiedenen Seiten. Kriege seien aber nicht unabwendbar: „Durch einen massenhaften Widerstand können wir sie verhindern. Dabei müssen vor allem die Gewerkschaften als größte Organisationen der Arbeiter:innenklasse eine zentrale Rolle einnehmen.“ Die Pflicht der Arbeiter:innenklasse heute sei es, so Hauptredner André Kaufmann, „denjenigen, die diese Kriege in aller Öffentlichkeit vorbereiten, das Handwerk zu legen, bevor es zu spät ist.“ Aktuell, so Kaufmann weiter, falle der deutschen Gewerkschaftsbewegung auf die Füße, dass sie die bestimmenden Kriegsziele des Westens im Krieg in der Ukraine hinter den „westlichen Werten“ nicht sehen wolle, eine klare Positionierung gegen diesen Krieg vielmehr vermeide.

Entlang der Route der darauffolgenden Demonstration wurde eine Zwischenkundgebung abgehalten und eine ungeschönte fiktive Rekrutierungsansprache eines Vertreters der Bundeswehr verlesen. In der abschließenden Veranstaltung in den Räumlichkeiten der AWO gab es dann noch einen Impulsvortrag mit anschließender Diskussion.

Im Nachgang stellt sich ggf. die Frage, warum wir dem Antikriegstag im Rems-Murr-Kreis eine so große Bedeutung zuschreiben. Man hätte bspw. auch die Hochrechnungen in Ostdeutschland live verfolgen und statt einer antimilitaristischen Demonstration unmittelbare Reaktionen auf die Ostwahl organisieren können. Für uns steht fest, dass beides, ein gewerkschaftsnaher Antimilitarismus und die Antifa-Arbeit, unbedingt notwendig ist, es aber auch an der Zeit ist, linke Krisenantworten zu popularisieren.

Wie im Laufe des 1. Septembers in Fellbach vielfach herausgearbeitet, stellt die Vorbereitung kriegerischer Auseinandersetzungen für die Arbeiter:innenklasse eine alles bestimmende Entwicklung dar. In der eigenen Lebensrealität werden diese bspw. anhand der betrieblichen Auswirkungen gestiegener Energiekosten, anhand des Burgfriedens in der Gewerkschaftspolitik oder der Wehrpflicht spürbar. Wer am Ende die Kosten für die Aufrüstung und die Hauptlast sozialer Einschnitte zu tragen haben wird, muss uns bewusst sein, wenn wir es nicht länger hinnehmen wollen.

Obwohl sich der Lebensstandard gerade der westdeutschen Arbeiter:innenklasse noch als einigermaßen komfortabel bezeichnen ließe, bleibt festzuhalten, dass es drastische Einschnitte gab und weitere drohen. Die daraus resultierenden Existenzängste weiß vor allem die AfD auszunutzen. Umfragen zeigen, dass die starken Ergebnisse der AfD bei den Ostwahlen auch mit Deklassierungsängsten unter den Wahlberechtigten und mit dem Ost-West-Gefälle in Verbindung stehen.

Die Geschichte zeigt: Ohne Arbeiter:innenklasse ist kein Krieg zu führen.

Die Arbeiter:innenklasse muss jedoch nicht zwingend nur Opfer der Kriege der Kapitalisten sein. Sie kann diesen Kriegen ein Ende setzen und eine bessere Zukunft aufbauen. Die Geschichte zweier Weltkriege illustriert, dass ausschlaggebend ist, ob ein massenhaftes Bewusstsein darüber besteht, in wessen Interesse die Kriege geführt werden. Da das erste Opfer ihrer Kriege immer die Wahrheit ist, liegt das Hauptaugenmerk auf Gegenaufklärung und Agitation – auch in Etappen des Friedens.

Dies versuchen wir ohne falsche Berührungsängste einzulösen, indem wir in der alltäglichen Arbeit im Betrieb und in Gewerkschaften politische Diskussionen anstoßen und bewusst nicht die Interessen der einen oder der anderen Kriegspartei vertreten, sondern die der internationalen Arbeiter: innenklasse. Das bedeutet, dass wir drohendem sozialen Kahlschlag mit offensiven Tarifkämpfen begegnen und diese mitorganisieren müssen. Gewerkschaften dürfen nicht zum verlängerten Arm einer SPD-geführten Bundesregierung werden! Gerade die Einheitsgewerkschaften sind als größte Organisationen der Arbeiter: innenklasse ein Ort, der nicht ohne unsere Mitwirkung existieren darf!

Zwar ist der 1. September für die Linke der BRD weniger ein entscheidender Kampftag als ein Tag von hoher historischer und symbolischer Bedeutung. Doch gerade unser Engagement in der Klasse und den Einheitsgewerkschaften vor Ort erlaubt, dass wir den Ausdruck am 1. September in Fellbach mit am stärksten bestimmen. Auf diese Weise und durch eine interne Schwerpunktsetzung auf den 1. September möchten wir dazu beitragen, dass die Parole „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!“ auch in Zeiten der Rechts-entwicklung nicht als unerreichbar erscheint.

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