Fortschritt statt Stillstand - Kundgebung des DGB KV Rems-Murr gegen Regierungspolitik

Fortschritt statt Stillstand - Kundgebung des DGB KV Rems-Murr gegen Regierungspolitik. 50 Teilnehmende auf dem Alten Postplatz in Waiblinger gegen Sozialabbau, Aufrüstung und Profitgier.

Am 26. November rief der DGB KV Rems-Murr zur Kundgebung gegen die Politik der Regierung auf – ursprünglich angedacht anlässlich der Verabschiedung des Haushaltsentwurf im Bundestag.

Es war zu erwarten, dass darin enthalten der planmäßige Sozialabbau und die Fortführung der Aufrüstungspolitik schwarz auf weiß beschlossen wird.

Nun hat sich die Ampel aber selbst abgeschaltet und somit das Thema Neuwahlen auf die Tagesordnung gesetzt. Unter dem Motto „Fortschritt statt Stillstand“ positionierten sich Vertreter:innen der DGB-Mitgliedsgewerkschaften zum erwartbaren Regierungswechsel, der Fortführung reaktionärer, arbeiter:innenfeindlicher „Realpolitik“  und Sozialabbau zugunsten einer militärischen Führungsrolle der BRD.

Rund 50 Teilnehmende  folgtem dem Aufruf, dazu gesellten sich einiges an interessiertem Laufpublikumg und Mitarbeiter:innen der umliegenden Geschäfte.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass eine explizit regierungskritische Positionierung des DGB in der Öffentlichkeit stattfindet und sich damit ausdrücklich für ehrlichen Frieden eingesetzt wird. Aus diesem Grund haben wir uns an der Kundgebung beteiligt!

Im folgenden teilen wir die Rede eines Auszubildenden aus den Rems-Murr-Kliniken. Weitere Redebeiträge wurden vorgetragen von einer Beschäftigten der Stadt Waiblingen, einem Lehrer und dem Kreisvorsitzenden des DGB – Panagiotis Alopoudis.

 

– wir bitten darum zu beachten, dass uns lediglich die Notizen der Rede vorlagen. Sprachliche Ungereimtheiten und grammatikalische Fehler sind darauf zurück zu führen. –

 

„Liebe Kolleginnen und Kollegen

Eine kleine Anekdote, ich saß gestern im Raucherbereich unserer Berufsschule – dürft ihr euch folgendermaßen vorstellen – Ein Wellblechvordach im Hinterhof einer Backzentrale, ausgestattet mit 2 verdreckten Parkbänken, neben mir ein kaputter Plastiktuhl und ein Aschenbecher – noch vollgestopfter als der rostige Mülleimer und bin über folgende Schlagzeile gestolpert:

825 Millionen Euro für Ausgehuniformen? Deutsches Verteidigungsministerium wehrt sich gegen Vorwürfe

Der deutschen Bundeswehr fehlt es an allem: an moderner Ausrüstung, an Waffen und an Soldaten. Doch das Budget im Haushalt der rot-grünen Minderheitsregierung ist knapp bemessen. Plant das Verteidigungsministerium Mittel für Zwecke ein, die die Truppe nicht unbedingt braucht, macht es sich angreifbar.

Heißt es da in der Neuen Züricher Zeitung.

„Die Vorlage wird Anfang Dezember vorberaten, um die im Raum stehenden Fragen zu klären. In Anbetracht der haushalterischen Gesamtsituation gibt es sicherlich Beschaffungen, die eine wesentlich höhere Priorität haben, wenn man etwa an Munition und Fahrzeuge denkt.“

sagte der für das Vorhaben zuständige Haushaltspolitiker der SPD-Fraktion, Andreas Schwarz der tagesschau.

Während für ein anständiges Berufsschulgebäude angeblich „keine Gelder da sein“,
während meine Kolleg:innen sich nach dem Dienst zum Zweitjob schleppen um sich neben der Ausbildung noch ein wenig Freizeit finanzieren zu können,
während Kliniken und Krankenkassen keine angemessene Versorgung gewährleisten können weil „das Geld fehlt“
streiten sich die Überbleibsel der Regierung ob man 825 Millionen Euro lieber für fetzige Paradeuniformen oder doch lieber für tödliche Munition und schweres Kriegsgerät ausgeben soll.

Aber jetzt wird die BRD doch auf Platz 12 der reichsten Ländern geführt?
Wie geht das zusammen, egal worum es geht bei uns in der Klinik heißt es immer ne also geld ist keins da auf gar keinen fall!

Wo ist das ganze Geld? Ganz einfach liebe Kolleginnen und Kollegen:

In den Taschen einiger weniger, in den falschen Taschen

80.000 Personen also die deutsche Oligarchie besitzen laut Daten des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts 2021 etwas über 20% des gesamten Nettovermögens in der BRD
80.000 von ihren Eigentumstiteln lebende reiche Schmarotzer besitzen 8x so viel wie 42 Millionen ArbeiterInnen und Arme zusammengenommen!

Das untere Zehntel der deutschen Bevölkerung besitzt gar nichts das heißt sie haben höhere Schulden als Vermögenswerte die Tendenz dass die reichsten einen immer größeren Teil des Gesamtvermögens besesitzen hat sich dabei weiter verstärkt.

Und hier sind wir wieder beim Anlass unserer Kundgebung angekommen:
Haushalts- und Regierungspolitik.
Denn diese 80.000 können sich auf die vollste unterstützung jeder wählbaren Regierung verlassen!

Werfen wir doch dazu einen Blick auf die Steuerpolitik der BRD:
erschwingliche 1% Vermögenssteuer wurde 1997 vollständig abgeschafft!
Die Erbschaftssteuern für große Vermögen und Unternehmen wurde seit den 80er Jahren stark gesenkt eben so wie die Gewinn und Kapitalertragsteuer.

Sprich alle Steuern die ausschließlich oder in erster Linie Kapitalisten treffen wurden massiv reduziert oder gleich abgeschafft und um das wiederum auszugleichen wurden dafür alle Steuern massiv erhöht die in erster Linie ArbeiterInnen und Arme treffen!

Die Mehrwertsteuer die darüber entscheidet wie viel normale Leute im Supermarkt bezahlen müssen die Lohnsteuer die darüber entscheidet viel wie unseres Lohns der Staat beschlagnahtmt und zig Sondersteuern auf alle möglichen Konsumgüter.

Der BRD in den letzten Jahrzehnten betriebene Umbau des Steuersystems beschleunigt vorsätzlich die weitere Bereicherung der reichsten ebenso wie die weitere Verarmung der ärmsten!

Alleine schon eine Besteuerung der deutschen Kapitalisten und Spitzenverdiener auf dem Niveau der 60er 70er Jahre würde zu so hohen zusätzlichen Steuereinnahmen führen dass jede Sorge um die Finanzierbarkeit von Gesundheitspflege und Rentensystem auf Generationen hin obsolet würde!

Der deutsche Staat aber hat sich freiwillig entschieden auf Billionen Euro zu verzichten die durch Besteuerung seiner Oligarchie erzielen werden könnte!

Und dieser Staat will uns weis machen Interessenvertretung der Gesellschaft zu sein und sich in väterlicher Sorge um das allgemeine Wohl zukümmern?!

Ich befürchte wenn wir die Lösung solcher Probleme welcher Regierung auch immer überlassen wird das Problem der Finanzierung von Pflege Gesundheitswesen und Rente nicht dadurch gelöst dass man die Besteuerung der Reichen erhöht.
Sondern dadurch dass man einerseits Arbeiter:innen und Arme immer stärker besteuert andererseits aus den Arbeiterinnen durch Verlängerung ihrer Arbeitszeiten immer mehr Mehrwert herauspresst bevor sie in Rente gehen oder pflegebedürftig werden.

Wenn jemand wie Jens sparn mit einem geschätzten Vermögen von 3 Millionen Euro der in einer 4 Millionen Euro Villa lebt und allein für seine Tätigkeit als
Bundestagsabgeordneter monatlich etwa 15 000 € bekommt,
davon schwadroniert Deutschland sei ein Freizeitpark und die verwöhnten deutschen Prolls müssen endlich mal wieder an Arbeit gewöhnt
werden,

dann spricht daraus nicht Sorge die Zukunft des Gemeinwohls sondern die schiere Angst eines stinkreichen Bourgeois die Leute könnten auf die Idee kommen seine eigene Klasse zur Kasse zu bitten.

Wie Jens Spahn zu behaupten zur Finanzierung der Pflegesysteme sei noch härtere Ausbeutung der Arbeiterin notwendig ist natürlich leicht,
in der Sicherheit seines Palastes und auf dem Polster seines Millionenvermögens wohlwissend dass man selbst garantiert niemals zu denjenigen gehören wird die dann demnächst wöchentlich 50 oder 60 Stunden für Mindestlohn arbeiten müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Jens Spahn darf jetzt hier exemplarisch herhalten, da er mit seinem dreisten Ausfall eben der Erste war der mir in der Vorbereitung dieser Rede unter gekommen ist.

Aber die korrumpierende Wirkung der Abgeordneten-Privilegien, die Jens da genießt, ist kein Zufall. Sie ist gewollt.
Zu Beginn der Bundesrepublik Deutschland lag die Grundvergütung eines Bundestagsabgeordneten bei 600 Mark. Das entspricht heute inflationsbereinigt etwa 2.000 Euro. Heute bekommt ein Abgeordneter jedoch 10.600 Euro monatlich. Das ist das Dreifache des Medianeinkommens in Deutschland und das Fünffache des Lohns eines Mindestlohnarbeiters.
Dazu kommen monatliche Pauschalen von fast 5.000 Euro. Diese sind für Spesen, Arbeitsmaterialien und so weiter. Was nicht für dienstliche Zwecke ausgegeben wird, darf steuerfrei behalten und privat genutzt werden. Ein sparsam geplanter Abgeordneter kann so zusätzlich 2.000 bis 4.000 Euro monatlich verdienen. Das entspricht dem Einkommen eines Facharbeiters.
Jeder Abgeordnete bekommt zudem 23.000 Euro im Monat, um Mitarbeiter anzustellen. Diese Mitarbeiter müssen nicht mit dem Abgeordneten verwandt oder verheiratet sein. Doch auch das öffnet Tür und Tor für Korruption. Abgeordnete können so ihr Umfeld finanziell versorgen. Sie können Freundinnen oder Freunde anstellen und einen Teil des Gehalts unter der Hand zurückerhalten.
Diese Korrumpierung hat zwei Arten zu wirken. Wer einmal dieses privilegierte Leben geführt hat, der will nicht mehr zurück in den normalen Arbeitsmarkt. Wer diesen Luxus erlebt, der tut alles, um das zu verhindern.
Das bedeutet auch, dass Abgeordnete gegenüber dem Rückhalt den die eigenen Partei den 80.000 reichsten zusichert, loyal bleiben muss. Wer zu linke Positionen vertritt, der wird in der Regel innerhalb der Partei abgesägt. Und dann ist es schnell vorbei mit der Herrlichkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Fortschritt statt Stillstand ist das Motto hinter das wir uns hier heute stellen.
Ich behaupte wirklichen Fortschritt müssen wir uns selbst erarbeiten, müssen wir uns selbst erkämpfen. Die Steuerpolitik der BRD beweist das keine der Regierungen der letzten Jahrzehnte das Interesse verfolgt hat unsere Lebensstandards und Arbeitsbedingungen in unserem Sinne zu verbessern!
Obwohl wir nicht nur die erdrückende Mehrheit der Gesellschaft sondern auch deren Herz und Hirn sind!
Die Abgeordneten jedweder Partei sind wie ich versucht habe zu umreißen, ökonomisch so unvorstellbar weit von uns entfernt dass ihnen nur zwei Möglichkeiten bleiben:
Unsere Forderungen und Belange bekämpfen – oder ihre paradiesischen Lebensstandard gegen Ungnade und politische Bedeutungslosigkeit eintauschen.
Es macht durchaus Unterschiede unter einer CDU oder eben einer AfD-Regierung zu leben – aber wirklichen Fortschritt können wir nur aus eigener Kraft entwickeln.
Aber wer ist dafür in einer besseren Position als wir gewerkschaftlich organisierte Kolleginnen und Kollegen? Wir haben im Betrieb tagtäglich eine Wahl die wirklich einen Unterschied macht:
die ob wir vor unseren Chefs kuschen und klein beigeben oder uns organisieren und beginnen die Bedingungen nach unseren Vorstellungen zu verbessern!
Ich für meinen Teil freue mich darauf diese Aufgabe mit euch gemeinsam anzugehen, ein nächster Schritt wird dabei sicherlich unsere anstehende Tarifrunde des öffentlichen Dienst sein und ich hoffe dort einige von euch wieder zu sehen! Denn Laufen können wir nur im Gehen lernen! Und wenn wir nicht kämpfen können wir verlieren, wenn wir aber nicht kämpfen, dann haben wir schon verloren!

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!“

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